Licht auf atomaren Dimensionen

(Nanowerk News) Physikern der Universität Würzburg ist es gelungen, Licht auf einen unvorstellbar kleinen Bereich zu konzentrieren. Geholfen hat ihnen dabei ein Effekt, der auch dann auftritt, wenn Kaffee verschüttet wird.
Sichtbares Licht ist der Teil des elektromagnetischen Spektrums, der für unsere alltägliche Wahrnehmung am wichtigsten ist. Dass unsere Umwelt farbig ist und dass wir diese Farben wahrnehmen können, ist der charakteristischen Wechselwirkung von sichtbaren Photonen mit Materie zu verdanken.
Aus dieser Wechselwirkung lassen sich Rückschlüsse über die Beschaffenheit der Materie ziehen, weswegen die optische Mikroskopie eine herausragende Stellung bei der Erkundung des Nanokosmos einnimmt. Licht spielt ausserdem eine wichtige Rolle in der Datenspeicherung, bekannt von DVD und Blue-Ray-Medien, und bei der optischen Datenübertragung und -verarbeitung im Internet.
Goldnanostäbchen mit einem stark lokalisierten Lichtfeld im atomar-kleinen Luftspalt
Künstlerische Darstellung zweier Goldnanostäbchen mit einem stark lokalisierten Lichtfeld im atomar-kleinen Luftspalt. (Grafik: Thorsten Feichtner)
Auf die räumliche Konzentration kommt es an
In allen genannten Bereichen ist die räumliche Konzentration von sichtbarem Licht auf einem möglichst kleinen Bereich von entscheidender Bedeutung. Je stärker diese Konzentration oder Bündelung des Lichts, beispielsweise in der optischen Mikroskopie, desto höher ist die Auflösung und desto kleiner sind die Strukturen, die sich untersuchen lassen. In der optischen Datenverarbeitung ermöglicht sie eine zunehmende Miniaturisierung und Integration und damit höhere Übertragungsraten.
„Unglücklicherweise sind der räumlichen Konzentration von Licht im freien Raum durch Beugungseffekte natürliche Grenzen gesetzt“, sagt Professor Bert Hecht. „Beugung begrenzt die räumliche Auflösung in der Mikroskopie und die Speicherdichte optischer Medien, wenn man nur klassische Bauelemente wie Linsen und Spiegel einsetzt.“ Der Physiker und die Mitglieder seiner Arbeitsgruppe am Lehrstuhl für Experimentelle Physik 5 suchen deshalb schon lange nach Wegen, Licht auf möglichst kleine Bereiche zu konzentrieren. Gemeinsam mit Kollegen der Technischen Physik ist ihnen nun ein Durchbruch gelungen.
Mut zur (atomaren) Lücke
„Wir haben es geschafft, Licht mit Hilfe plasmonischer Nanostrukturen auf atomare Dimensionen zu bündeln“, erklärt Hecht. Plasmonische Nanostrukturen: So bezeichnen Physiker Strukturen, in denen frei bewegliche, negativ geladene Elektronen resonante Schwingungen vor dem Hintergrund der positiv geladenen, ortsfesten Atomrümpfen vollführen. Durch diese Schwingung werden an der Oberfläche der Strukturen periodisch wechselnde Ladungsüberschüsse erzeugt, welche ihrerseits wiederum elektrische Wechselfelder erzeugen. „Da diese Wechselfelder mit der optischen Frequenz ihr Vorzeichen wechseln, handelt es sich um oberflächengebundene Lichtfelder“, so der Physiker.
Wie das renommierte Fachblatt NanoLetters in seiner neuesten online-Ausgabe berichtet ("Atomic-scale confinement of resonant optical fields"), konnte die Arbeitsgruppe um Bert Hecht nun erstmals in einem Experiment solche oberflächengebundenen Felder gezielt in der äusserst schmalen Lücke zwischen zwei benachbarten plasmonischen Nanostrukturen aus Gold lokalisieren. Die Lücke hat dabei die kleinstmögliche Breite, die in etwa dem Abstand zweier Atome im Goldkristall entspricht. Das entspricht einem Lichtfleck, der 1000-mal kleiner als die entsprechende Lichtwellenlänge ist.
Die in diesem Experiment benötigten Nanostrukturen haben die Physiker durch einen denkbar simplen Prozess hergestellt. Zum Einsatz kamen chemisch gewachsenen Goldstäbchen, jedes nur etwa 30 Nanometer im Durchmesser und etwa 70 Nanometer lang – ein Nanometer entspricht dem Millionsten Teil eines Millimeters. Diese Stäbchen wurden in Wasser aufgelöst und dann auf einen Glasträger aufgetropft. Durch einen Effekt, wie er auch bei der Bildung von Kaffeerändern auftritt, entstehen durch Selbstorganisation am Tropfenrand unter anderem Paare von seitlich aneinandergelagerten Gold-Nanostäbchen, die sich beim Verdampfen der Flüssigkeit bis auf einen atomar kleinen Spalt angenähert haben.
In ihren Experimenten haben die Würzburger Forscher diese Stäbchenpaare mit weissem Licht beleuchtet und die Farben des gestreuten Lichtes untersucht. Aufgrund der charakteristischen spektralen Lage der Farbanteile im Streulicht konnten die Forscher auf resonante Schwingungszustände der Elektronen und somit auf eine Konzentration des Lichtes im Spalt zwischen den Goldstäbchen zurückschliessen.
Mögliche Anwendungen
„So stark konzentrierte Lichtfelder haben eine Vielzahl potenzieller Anwendungen“, erklärt Johannes Kern, Doktorand in der Gruppe von Bert Hecht und Erstautor der Veröffentlichung. „Eine mögliche Weiterentwicklung wäre zum Beispiel optische Mikroskopie oder das Auslesen von Speichermedien mit atomarer Auflösung“. Aber auch in anderen Anwendungsgebieten eröffnen sich neue Möglichkeiten: Die extrem starke Konzentration geht mit einer lokalen Verstärkung der Lichtfelder Hand in Hand, wodurch sich nicht nur der für die Photovoltaik fundamental wichtige Prozess der Absorption von Licht optimieren lässt. Es liessen sich damit auch nichtlineare optische Prozesse erzeugen, die in Zukunft in nano-optischen Schaltkreisen zur Realisierung optischer Einzelphotonentransistoren dienen könnten.
Source: Julius-Maximilians-Universität Würzburg