Elektrisch steuerbare Quantenbits realisiert

(Nanowerk News) Mehr ist manchmal weniger Aufwand, zumindest in der Quantenwelt. Ein internationales Forscherteam hat erstmals ein Quantenbit – die Informationseinheit von Quantencomputern – hergestellt und gesteuert, das aus drei sogenannten Quantenpunkten besteht. Der Versuch belegt, dass sich solche Triplett-Quantenbits einfacher kontrollieren lassen als Quantenbits aus einem einzelnen oder zwei Quantenpunkten. Dies hatte der beteiligte Jülicher Physiker Prof. David P. DiVincenzo bereits im Jahr 2000 vorhergesagt. Die Ergebnisse wurden gestern in der Fachzeitschrift Nature Nanotechnology ("Self-consistent measurement and state tomography of an exchange-only spin qubit").
Lithografisch strukturierte Galliumarsenidschicht mit einem elektrisch steuerbaren Qubit
Lithografisch strukturierte Galliumarsenidschicht mit einem elektrisch steuerbaren Qubit. Drei Quantenpunkte, durch kleine rote Kreise markiert, bilden das Qubit, das sich über Kontakte (unten im Bild) elektrisch steuern lässt. Der große rote Kreis gibt die Lage des Sensors an, der das Qubit auslesen kann. (Quelle: Forschungszentrum Jülich/Nature Nanotechnology)
Quantencomputer sollen einmal Rechnungen lösen, mit denen heutige Computer viele Jahre beschäftigt oder völlig überfordert wären. Möglich ist dies durch die besonderen Eigenschaften der Quantenwelt. Während herkömmliche Computer mit Bits, den Informationseinheiten „Null“ und „Eins“, rechnen, verarbeiten Quantenrechner Quantenbits, kurz Qubits. Qubits können die Zustände „Null“ und „Eins“ gleichzeitig annehmen und dadurch Aufgaben parallel lösen.
Um Qubits zu realisieren, gibt es viele Ideen. Als besonders vielversprechend gelten Quantenpunkte in Halbleitern, die bereits lange in Rechnern verwendet werden. Quantenpunkte sind winzige scheibenförmige Strukturen im Nanometer-Bereich. Ihre Ausdehnung ist so gering, dass die Elektronen nicht mehr frei beweglich sind und quantenmechanischen Regeln gehorchen. Der Drehimpuls der „eingesperrten“ Elektronen dient als Informationsträger. Denn der „Spin“, der den Elektronen ihr magnetisches Moment verleiht, kommt in zwei Varianten vor: „up“ und „down“ oder „Null“ und „Eins“.
Die Drehrichtung kodiert also die Information. Um sie festzulegen, nutzen bisherige Konzepte elektrische oder magnetische Felder. Dieses Verfahren benötigt viel Platz und ist ungenau: Weil jeder der Quantenpunkte physikalisch wie ein Ei dem anderen gleicht, passiert es leicht, dass die Felder ungewollt auch benachbarte Quantenpunkte beeinflussen.
Deshalb hatte Prof. David DiVincenzo, Direktor am Forschungszentrum Jülich und Institutsleiter an der RWTH Aachen, bereits im Jahr 2000 vorgeschlagen, Qubits aus drei Quantenpunkten zu konstruieren. Mit einem Elektronenspin pro Quantenpunkt lassen sich in einem solchen Qubit theoretisch acht unterscheidbare Zustände erzeugen.
Dass dies auch praktisch funktioniert, hat jetzt ein Team von Forschern aus Europa und den USA nachgewiesen, an dem auch der theoretische Physiker DiVincenzo beteiligt war. Es gelang ihnen, die Position und Orientierung der Spins in drei Quantenpunkten allein durch elektrische Spannung gezielt und schnell zu steuern und auszulesen. Die notwendigen stromführenden Strukturen auf einer Halbleiteroberfläche von gut einem Quadratmikrometer Fläche erzeugten sie per Lithografie, einem erprobten, gut miniaturisierbaren Verfahren. Externe elektrische oder Magnetfelder benötigten sie nicht.
Mit Kolleginnen und Kollegen am Forschungszentrum sowie an der RWTH Aachen erforscht DiVincenzo unter dem Dach der Jülich Aachen Research Alliance JARA verschiedene Konzepte und Materialien für die Realisierung des Quantencomputing. Quantenbits in Halbleitermaterialien bilden einen Forschungsschwerpunkt.
Source: Forschungszentrum Juelich