Nanomaterialien: Anwendungen im Umweltbereich

(Nanowerk News) Das Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg hat eine neue Broschüre herausgegeben mit dem Titel "Nanomaterialien: Anwendungen im Umweltbereich" (pdf, 2,2 MB).
Diese Broschüre stellt Beispiele für den Einsatz von Nanomaterialien vor, die zu deutlichen Umweltentlastungen führen können. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf praxisreifen oder bereits etablierten Anwendungen. Nanomaterialien im Umweltschutz sind jedoch ein relativ junges Technologiefeld, daher werden in dieser Broschüre auch innovative Lösungsansätze vorgestellt, die sich noch im Forschungs- und Entwicklungsstadium befinden.
In der Wasseraufbereitung sind Filter mit nanoskaliger Porosität bereits seit Jahren etabliert und werden durch neue nanotechnologische Verfahren optimiert. Zur selektiven Entfernung von Arsen aus Trink- und Abwasser werden nanoskalige Sorptionsmittel aus Eisenhydroxid eingesetzt. Nanopartikuläres Titandioxid kann einen UV-Licht induzierten photokatalytischen Schadstoffabbau bewirken. Zur Beseitigung von Grundwasserkontaminationen befindet sich Nano-Eisen in der Erprobung. Nanoskalige Zusätze erzeugen unter Ausnutzung des "Lotus-Effektes" selbstreinigende Oberflächen z. B. von Gebäuden oder Badkeramiken.
Zur Reduzierung von Schadstoffemissionen aus Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren werden bereits seit Jahrzehnten mit Nanopartikeln beschichtete Katalysatoren verwendet. Nanoporöse Partikelfilter vermindern den Ausstoß von Rußpartikeln bei Dieselmotoren. Industrielle Filtersysteme zur Abtrennung schädlicher Gase und Stäube können mit nanoporösen Membranen in ihrer Effizienz optimiert werden. Photokatalytisch aktives Nano- Titandioxid wird in Baustoffe für Gebäude oder Pflastersteinen eingebunden. So entstehen Oberflächen, die in innerstädtischen Bereichen zu einer Verbesserung der Luftqualität beitragen können.
In der Landwirtschaft trägt eine gezielte und bedarfsgerechte Ausbringung von Pestiziden und Düngemitteln auf Basis nanotechnologischer Wirkstofftransportsysteme zu einer Reduzierung des Verbrauchs bei. Weitere nanotechnologische Entwicklungen dienen der Verbesserung der Wasserspeicherkapazität von Böden sowie der Erhöhung der Wasserdurchlässigkeit von Oberflächen im Straßen- und Wegebau.
Viele nanotechnologische Lösungsansätze befinden sich im Bereich Energie und Klimaschutz noch im Forschungs- und Entwicklungsstadium. Windkraftanlagen können z. B. durch die Verwendung von nanoskaligen Polymerkompositen zur Konstruktion leichterer Rotorblätter effizienter gebaut werden. Vielfältige Ansätze zur Optimierung sind zudem in der Solarzellentechnologie zu sehen. Hier können Nanomaterialien zu einer Erhöhung des Wirkungsgrades oder zu einer Reduzierung der Herstellungskosten beitragen. Energieeffiziente LED (Light Emitting Diode) bzw. OLED (Organic Ligt Emitting Diode) sind ohne nanoskalige Bestandteile nicht herzustellen. Der Umbau des Individualverkehrs hin zur Elektromobilität ist eng gekoppelt an mobil einsetzbare Technologien zur Energieerzeugung oder -speicherung, die durch Nanotechnologien effizienter gestaltet werden können. Die Reibungsverluste durch bewegliche Bauteile in Verbrennungsmotoren können durch nanokristalline Beschichtungen vermindert werden. In vielen industriellen Prozessen der chemischen Synthese können darüber hinaus Nano-Katalysatoren die Reaktionsbedingungen mildern und so zu einer Reduzierung der notwendigen Energie- und Stoffmengen beitragen. Neuartige Dämmstoffe auf Basis nanotechnologischer Verfahren ermöglichen eine verbesserte Gebäudeisolierung.
In der industriellen Produktion können konventionelle Korrosionsschutzverfahren zukünftig durch nanokeramische Beschichtungen ohne toxische Schwermetalle ersetzt werden. Modifizierte Nano-Keramiken in Autolacken erzeugen eine kratzfeste Oberfläche und tragen so zu einer längeren Nutzungsdauer bei. Oberflächenbeschichtungen mit elektrisch leitenden Nanomaterialien ermöglichen eine lösemittelfreie Pulverlackierung auch nicht leitender Werkstücke. Nano-Ferrite in Industrieklebstoffen können durch induktive Anregung die zur Aushärtung benötigte Wärme direkt im Klebstoff erzeugen. Der Klebeprozess ist schaltbar und zudem reversibel, wodurch ein Recycling der Materialien nach Nutzungsende erleichtert wird.
Die Ressourceneffizienz von Herstellungsprozessen und Produkten kann durch Nanomaterialien wesentlich gesteigert werden, indem Werkstoffe bei gleichbleibenden oder gesteigerten Qualitätsmerkmalen ein geringeres Gewicht aufweisen oder mit weniger Material hergestellt werden können (z. B. nanoporöse Metallschäume). Insbesondere im Luft- und Kraftfahrzeugbau resultieren diese Bestrebungen in einer Gewichtsoptimierung und einem in der Folge verringerten Treibstoffverbrauch.
Erste nanotechnologische Anwendungen mit Umweltentlastungseffekten und hohem Innovations- und Wertschöpfungspotenzial lassen sich in unterschiedlichsten Bereichen identifizieren. Viele Anwendungen befinden sich allerdings noch im Forschungs- und Entwicklungsstadium. Der konkrete Beitrag von Nanomaterialien zu Umweltentlastungseffekten ist außerdem oftmals schwer zu bemessen, da sie häufig nur einen Teil eines Gesamtsystems darstellen und nicht allein ausschlaggebend sind. Insbesondere vor dem Hintergrund vieler ungeklärter Fragen zur Bedeutung von Nanopartikeln für Umwelt und Gesundheit ist der Einsatz von Nanomaterialien im Umweltbereich im Vergleich zu bestehenden konventionellen Lösungen einer objektiven Nutzen-Risiko-Analyse zu unterziehen.
Source: Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg