Nano aus der Mikrowelle

(Nanowerk News) Dr. Gabi Schierning und Dr. Hartmut Wiggers vom Center for Nanointegration Duisburg-Essen (CeNIDE) an der Universität Duisburg-Essen ist es erstmals gelungen, effiziente Nanomaterialien für thermoelektrische Anwendungen aus der Gasphase zu synthetisieren. Das Ergebnis ist eine äusserst homogene Silizium-Germanium-Legierung mit extrem niedriger Wärmeleitfähigkeit.
In einem Sonderheft über neueste Entwicklungen thermoelektrischer Materialien des Journal of Materials Research werden die Erkenntnisse veröffentlicht ("Artificially nanostructured n-type SiGe bulk thermoelectrics through plasma enhanced growth of alloy nanoparticles from the gas phase").
Ein ideales Material für den Einsatz in der Thermoelektrik hat eine hohe elektrische Leitfähigkeit und gleichzeitig eine geringe Wärmeleitfähigkeit – das Verhältnis der beiden Werte geht in den materialspezifischen Effizienzfaktor ZT ein. Um einen möglichst hohen ZT-Wert zu erreichen, verwendet man seit ungefähr zehn Jahren nanoskalige Materialien. Insbesondere Nano-Silizium weist aufgrund seiner grösseren inneren Oberfläche in verarbeiteter Form eine deutlich schlechtere Wärmeleitfähigkeit auf als Bulk-Silizium. Das Germanium verringert die Wärmeleitfähigkeit zusätzlich, indem es die harmonische Gitterschwingung des Siliziumkristalls stört. Die Einsatzmöglichkeiten von günstig hergestellten Thermogeneratoren reichen von der Industrie (z.B. Prozess-Abwärme) über Einsätze in Entwicklungsländern (z.B. Ofen, die minimale Temperaturunterschiede nutzen) bis hin zur dezentralen Energieversorgung im Allgemeinen, bei der Kabelverbindungen oder Stromspeicher unmöglich oder unpraktisch sind (z.B. Sensoren in Pipelines oder Flugzeugen).
Abkürzung statt Umweg
Bei der klassischen Herstellung von Nanomaterialien für Thermogeneratoren wird zunächst ein Polykristall aus Silizium und Germanium hergestellt und anschliessend per Mahltechnik zu Nanopartikeln zerkleinert. Ein umständliches und teures Verfahren. Im Gegensatz zu dieser Top-Down-Methode haben Schierning und Wiggers nun gemeinsam ein Bottom-Up-Verfahren etabliert, bei dem die Nanopartikel mit zuvor bestimmten Eigenschaften in einem Mikrowellen-Plasmareaktor entstehen. "In Expertenkreisen war klar, dass einer der nächsten Schritte darin bestehen würde, direkt kristalline Nanomaterialien für Thermogeneratoren zu synthetisieren", erklärt die Ingenieurin. Doch sind viele Jahre Entwicklungsarbeit vonnöten, um auf diese Weise geeignete Partikel herzustellen. Entwicklungsarbeit, die an der Universität Duisburg-Essen bereits geleistet wurde, denn hier beschäftigt sich das Team um Wiggers seit Langem mit der Synthese spezifischer nanoskaliger Materialien. Die Zusammenarbeit der beiden Forscher im Rahmen verschiedener Projekte wie beispielsweise dem Ziel2-Projekt "NanoEnergieTechnikZentrum", kurz NETZ, führte schliesslich zum nun publizierten Ergebnis: In den Reaktoren entstanden massgeschneiderte, nanoskalige Silizium-Germanium-Legierungen mit Phosphordotierung in nur einem Schritt.
Doch nicht nur der Umweg über den Polykristall entfällt mit der Gasphasensynthese; die neue Herstellungsweise bietet darüber hinaus weitere handfeste Vorteile: Die Mischung der Nanopartikel ist ausgesprochen homogen, da Silizium und Germanium schon in der Gasphase auf atomarer Skala gemischt werden. Dazu lassen sich Grösse und Eigenschaften der Partikel bereits vor der Herstellung definieren. Und auch die Produktion grosser Mengen Nanomaterialien ist kein Problem: Wiggers und sein Team stellten für die Arbeitsgruppe um Gabi Schierning rund 10 Gramm Nanopartikel in der Stunde her. Doch noch weit darüber hinaus ist die Produktion aufskalierbar – bei einer in Duisburg stehenden Anlage im Techikumsmassstab liegt die Synthese schon jetzt in der Grössenordnung "Kilogramm pro Stunde".
Für die Zukunft haben sich die CeNIDE-Forscher vorgenommen, die elektrische Leitfähigkeit ihrer Partikel weiter zu erhöhen (ZT derzeit bis 0,8) und möglichst eine günstigere Alternative für das teure Germanium zu finden. Wie zukunftsweisend aber schon die momentanen Erkenntnisse sind, zeigt die Tatsache, dass die Wissenschaftler bereits zitiert werden, bevor ihre Veröffentlichung im Journal of Materials Research erschienen ist.
Source: Universität Duisburg-Essen