Unerwartete K�hleffekte r�cken Quantencomputer n�her

(Nanowerk News) In der experimentellen Physik kann das Kühlen auf immer tiefere Temperaturen zur Entdeckung neuer Naturgesetze führen. Das Team um Prof. Dominik Zumbühl von der Universität Basel hat nun in Zusammenarbeit mit dem IBM-Forschungslabor in Rüschlikon beobachtet, dass in Nanostrukturen bei sehr tiefen Temperaturen ein bislang etabliertes Naturgesetz verletzt wird. Diese Entdeckung könnte wichtige Konsequenzen für den Bau eines Quantencomputers haben. Zusammen mit der Aalto-Universität in Finnland konnten die Basler Physiker zudem den bisher kältesten «Kühlschrank» für Nanostrukturen entwickeln. Die Resultate sind in den Fachzeitschriften Physical Review Letters ("Breakdown of the Korringa Law of Nuclear Spin Relaxation in Metallic GaAs") und Review of Scientific Instruments ("Metallic Coulomb blockade thermometry down to 10 mK and below") publiziert.
Zwei Elektronen in einer Galliumarsenid-Nanostruktur für Quantencomputing
Zwei Elektronen in einer Galliumarsenid-Nanostruktur für Quantencomputing.
Zwei Elektronen in einer Galliumarsenid-Nanostruktur für Quantencomputing (Grafik: Universität Basel) Nanostrukturen – beispielsweise auf Quantenmechanik basierende elektronische Bauteile – sind vielversprechende Kandidaten für die Entwicklung eines Quantencomputers. Soll ein solcher Computer die ihm vorausgesagte enorme Rechenleistung erbringen, müssen die Nanostrukturen auf Temperaturen nahe am absoluten Nullpunkt gekühlt werden. Erst bei diesen extremen Bedingungen lassen sich die magnetischen Eigenschaften einzelner Elektronen, die Spins, kontrollieren. Ein Forscherteam um den Basler Physikprofessor Dominik Zumbühl hat nun zusammen mit dem IBM-Forschungslabor in Rüschlikon entdeckt, dass sich bei diesen Temperaturen die Spins innerhalb der Nanostrukturen deutlich besser kontrollieren lassen als bisher angenommen.
Naturgesetz bei tiefen Temperaturen verletzt
Das sogenannte Korringa-Gesetz ist ein Naturgesetz, das die Kopplung zwischen dem Magnetismus (Spin) der Elektronen und demjenigen der Kerne in einem Metall beschreibt. Es besagt, dass die Kopplungsstärke der Kernspins proportional zur Temperatur der Elektronen ist. Die Forscher untersuchten diese Kopplung mit einer neu entwickelten Methode und stellten dabei fest, dass das Korringa-Gesetz bei sehr tiefen Temperaturen verletzt ist.
Die auf elektronischen Messungen basierende Methode verwendet ein sogenanntes Spin-Valve, mit dem magnetisch polarisierte Elektronen im metallischen Halbleiter Galliumarsenid (GaAs) kontrolliert erzeugt werden können. Mit der Spin-Valve-Methode konnten die Forscher nun zeigen, dass die Kopplung zwischen dem Magnetismus von Elektronen und Kernen in GaAs wesentlich stärker ist als erwartet. Mit der entdeckten stärkeren Kopplung von Elektronen- und Kernspin könnte man mit einer bereits etablierten magnetischen Kühltechnik für Kerne künftig eine bessere Kühlung der Elektronen erzielen.
Kältester Nano-Kühlschrank
Ein Quantencomputer löst komplexe Rechenvorgänge wie Klimasimulationen in einem Bruchteil der Zeit, die der beste heute existierende Computer benötigt. Elektronen in GaAs-Nanostrukturen gehören zu den bedeutendsten Anwärtern für die Realisierung eines künftigen Quantencomputers. Diese Idee geht auf den Basler Physikprofessor Daniel Loss zurück, der dafür mit dem Marcel-Benoist-Preis 2010 ausgezeichnet wurde. Ein solcher Quantencomputer kann nur bei sehr tiefen Temperaturen funktionieren. Die Basler Physiker haben zu diesem Zweck mit Unterstützung eines Starting Grant des European Research Council einen Kühlschrank speziell für Nanostrukturen entwickelt, welcher nun Temperaturen von weniger als einem tausendstel Grad Celsius über dem absoluten Temperaturnullpunkt erreicht hat. Damit erzielten die Forscher den Kälterekord für einen Nanostruktur-Kühlschrank. Bei solch tiefen Temperaturen wird allgemein eine stark dezimierte Fehlerrate beim künftigen Quantencomputing erwartet. Ausserdem erhoffen sich die Forscher, bei den tiefsten Temperaturen eine neue Art von Materie zu entdecken.
Source: Universität Basel