Energiesparende Computersysteme mit Spinspiralen

(Nanowerk News) Die stetige Miniaturisierung von Computern und Speichermedien erfordert neue Konzepte zur Speicherung, Verarbeitung und Transport von Informationen. Forscher der Universitäten in Hamburg und Kiel und des Forschungszentrums Jülich fanden einen neuen Weg, wie Informationen im Nanometerbereich durch Ketten aus einzelnen Eisenatomen extrem schnell und effizient übertragen werden können.
Wie Physical Review Letters am 07. Mai 2012 berichtet ("Information Transfer by Vector Spin Chirality in Finite Magnetic Chains"), wird für den Informationstransport lediglich der Eigendrehimpuls von Elektronen benutzt, wodurch die Daten-Übertragung im Gegensatz zu herkömmlichen elektronischen Bauteilen praktisch keine Energie verbraucht und mit sehr hoher Geschwindigkeit abläuft.
Ketten aus Eisenatomen
Ein 30x30 nm² Bild der Ketten aus Eisenatomen (gelb, rot) auf der Iridiumoberfläche (blau, grün) aufgenommen mit spinpolarisierter Rastertunnelmikroskopie. Die Modulation entlang der Eisenketten wird durch die Anordnung der magnetischen Momente zu einer Spinspirale hervorgerufen. (Bild: M. Menzel, Universität Hamburg)
In der herkömmlichen Halbleiter-Elektronik unserer modernen Computer werden Daten in Form von elektrischer Ladung verarbeitet. Da hierfür auch Ladungen auf Leiterbahnen verschoben werden müssen, also ein elektrischer Strom fließt, werden die Bauteile warm und müssen aufwändig gekühlt werden. Gerade bei mobilen Computern ist dieser Energieverbrauch ärgerlich, weil dadurch deutlich längere Laufzeiten der Geräte verhindert werden. Das Forscherteam schlägt nun einen neuartigen Weg vor, um Informationen sehr schnell auf extrem dünnen Leiterbahnen fast ohne Energieaufwand zu transportieren.
Hierfür untersuchten Wissenschaftler aus der Arbeitsgruppe von Prof. Roland Wiesendanger von der Universität Hamburg Eisenketten mit einer Breite von lediglich zwei Atomen, die auf eine Iridium-Oberfläche aufgebracht wurden. Mittels der spinpolarisierten Rastertunnelmikroskopie konnten sie die magnetische Struktur sichtbar machen und fanden, dass sich die Spins der Eisenatome spiralförmig entlang der Kette anordnen. "Wenn ich die magnetische Ausrichtung eines Eisenatoms in der Spinspirale kenne, kenne ich automatisch auch die Ausrichtung aller anderen Atome der gesamten Spinspirale, ohne diese zu vermessen", sagt Dr. Matthias Menzel. Das heißt, wenn man an der einen Seite der Eisenkette eine bestimmte magnetische Ausrichtung anlegt, dann dreht sich die Spinspirale entsprechend der magnetischen Eingabe. Ähnlich wie bei einer Stellschraube mit Spiralgewinde kann man nun am Ende der Spinspirale ablesen, wie weit die Spirale gedreht wurde und welche magnetische Ausrichtung auf der anderen Seite angelegt wurde. Auf diese Weise können Informationen entlang der Spinspirale transportiert werden.
Theoretische Arbeitsgruppen vom Forschungszentrum Jülich sowie der Universität Kiel führten aufwändige quantenmechanische Rechnungen auf Supercomputern durch, und entdeckten, dass nicht nur die interne Kopplung der Spinspirale, sondern auch deren Drehsinn äußerst robust ist. Dadurch bieten solche Spinspiralen diverse Vorteile für mögliche Anwendungen zum Informationstransport:
- Durch die komplexe magnetische Struktur zeigen sie nur eine sehr kleine Restmagnetisierung, was sie gegen störende, äußere Magnetfelder fast immun macht.
- Aufgrund des ausgezeichneten Drehsinns, sind die Spinspiralen unanfällig gegenüber Defekten in der magnetischen Struktur, was eine zuverlässige Datenübertragung auch über längere Strecken garantiert.
- Gleichzeitig lassen sie sich über die Enden sehr leicht beeinflussen, unabhängig von der Länge der Spirale, was wichtig für einen effizienten Informationstransport ist.
- Da die Spirale beliebig rotierbar ist, ist der Informationstransport nicht mehr auf das binäre System beschränkt (0 und 1).
Die Arbeit der Wissenschaftler aus Hamburg, Jülich und Kiel könnte einen neuen Weg für die weitere Miniaturisierung in der Informationstechnologie eröffnen. Durch dieses Konzept für einen Datentransport im Nanometerbereich lassen sich Leiterbahnen wesentlich dichter packen als bisher. Dadurch könnten Computerchips konstruiert werden, die deutlich kleiner, schneller und extrem energiesparend sind.
Source: Sonderforschungsbereich 668